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Guayaquil & Quito - Geschichte und Niedergang einer Staatsbahn

Die Bahngesellschaft Ecuadors, Empresa Nacional de Ferrocarriles del Estado (ENFE) hat schon bessere Zeiten gekannt: Es fahren keine Züge mehr zwischen Duran im tropischen Tiefland und der Hauptstadt Quito im Andenhochland.

Schon im November des Jahres 1992 war die Bahnstrecke zwischen den Städten Guayaquil und Quito seit mehreren Jahren wegen eines Erdrutsches zwischen Riobamba und Alausi unterbrochen. Der Erhaltungszustand der Dampfloks war kritisch, die Dieselloks auch meistens nicht betriebsfähig und die Strecke in einem sehr schlechten Zustand.

Zwei Mal pro Woche verkehrten noch die abenteuerlichen Vehikel, Autoferros genannt - Autobusse mit Drehgestellen, umgebaut für den Einsatz auf Schienen.

Diese Autoferros verbanden immerhin Quito mit den Ortschaften des Andenhochtals bis nach Riobamba. Die Fahrt war billig, ein paar Tausend Sucres, aber man brauchte natürlich für diese Reise viel Zeit und Geduld, da waren die Busse auf der Strasse sicher schneller.

Seit 1855 gab es Projekte zur Erschliessung des Landes Ecuador mit der Eisenbahn, aber der Baubeginn zog sich hin. Mit englischem Kapital wurden bis 1871 die ersten 47 km Strecke der sog. Ferrocarril del Sur, in der Küstenebene fertiggestellt, von Yaguachi in Richtung Anden, nach Parraganetal, damals noch in der Spurweite von 914 mm. In Yaguachi wurden die Güter auf dem Wasserweg, über die Flüsse Yaguachi, Babahoyo und Guayas in die Hafenstadt Guayaquil transportiert.

Erst im Jahre 1884 wurden die nächsten 18 km bis Bucay, am Fuss der Anden in Betrieb genommen. Damit war die Linie auf 300 m über Meer angelangt, eine Ueberwindung der Anden bedeutete jedoch einen Anstieg auf 3200 m über Meer.

1888 wurden weitere 22 km bis nach Duran, an den Rio Guayas gebaut, aber dann kam es zum Streit zwischen dem neuen Besitzer der Konzession, einer amerikanischen Firma und der Regierung, die gebauten Strecken begannen wieder zu verfallen.

Erst 1897, mit der neuen Regierung unter General Eloy Alfaro und der Gründung der Guayaquil & Quito Eisenbahngesellschaft im Jahr 1899 ging es weiter. Die bisher gebaute Strecke wurde auf 1067 mm umgespurt und ein Fährdienst von Guayaquil nach Duran, dem Ausgangspunkt der Bahn eingerichtet.

Das grösste Problem für den Bahnbau war die Bergstrecke von Bucay mit den Zick-Zacks über die Teufelsnase und Steigungen von 55%0 im Adhäsionsbetrieb nach Riobamba ins Hochland. Im Jahre 1908 erreichte der erste Zug die Hauptstadt Quito, damit war der Bau der 448 km langen Haupt-Strecke abgeschlossen.

Die 143 km lange Stichbahn von Sibambe nach Cuenca im Süden, mit Baubeginn 1915 wurde erst im März 1965 fertiggestellt und die Bahnstrecke im Norden des Landes, von Quito nach Ibarra, ist schon viele Jahre unterbrochen, einzig zwischen Ibarra und San Lorenzo an der Pazifik-Küste gibt es noch unregelmässigen Verkehr mit Autoferros.

Die Bahn-Gesellschaft Guayaquil und Quito wurde im Jahre 1924 verstaatlicht und stand während ihres Bestehens, auch als Empresa Nacional de Ferrocarriles del Estado (ENFE) nie unter einem guten Stern. Die Probleme sind auch heute noch dieselben: Fehlende Anbindung an die Häfen des Landes, Geld- und Ersatzteilmangel, Ueberschwemmungen, Erdrutsche und einseitige Förderung des Strassenverkehrs.

Sehr beliebt bei den Touristen waren die Autoferros der Firma Metropolitan Tours, wenn auch mit einem Fahrpreis um die 70 us $ viel teurer als die offiziellen Fahrten der Bahn. Die Autoferros von Metropolitan hielten auf ihrer Fahrt nach Riobamba im Nationalpark am Vulkan Cotopaxi und für Uebernachtungen unterwegs in Latacunga oder Ambato.

Stapel von neuen Schwellen im Bahnhof von Salcedo lassen auf eine Erneuerung der Strecke hoffen, wir aber erkunden das Hochland mit dem Auto, auf dem Weg nach Guayaquil, Hafenstadt, Industriezentrum und Hauptort der Provinz Guayas, mit ca. 3 Mio Einwohnern.

Von Guayaquil Etwas weiter, flussaufwärts, am anderen Ufer und gleich neben der ehemaligen Eisenbahnfähre liegt der Endpunkt der Bahn mit dem Depot Duran. Beim Besuch im Ausbesserungswerk von Duran im Jahr 1995 zeigt, dass zwar an einigen der Loks gearbeitet wird, aber aber es fehlt vorallem an Geld.

Im Depot stehen zwei Alsthom Dieselloks der Achsfolge BBB aus einem Los von ursprünglich 9 Loks, welche 1993 geliefert worden waren und einige der Dampfloks, in unterschiedlichem Erhaltungszustand: Nach Besichtigung der Werkstätten der ENFE fahren wir weiter, Richtung Osten, nach Bucay, an den Fuss der Anden. Die Stadt entstand dank des Bahnbaus und rund um das Bahnbetriebswerk der Gesellschaft Guayquil & Quito, In Bucay wurden die Bergloks unterhalten, hier war Lokwechsel und hier es waren die schweren 1 D-Schlepptender-Loks, welche die Züge über die nächste Etappe der Reise, die Teufelsnase nach Riobamba im Hochland beförderten.
Auf der Hauptstrasse von Bucay führen die Geleise in einer Schlaufe, rund um das Bahnbetriebswerk, dem eigentlichen Zentrum des Ortes. Im Schuppen stehen die Loks 44 und 45, Bj. 1944 und 1945, beide mit ausgebauten Achsen und Antrieb, sowie eine Diesellok aus der Serie von 10 Stück, welche 1970 in Spanien von Euskalduna unter Lizenz von ALCO gebaut worden war. Diese Maschinen sind mangels Ersatzteilen schon lange nicht nicht mehr betriebsfähig.

Die Reise bringt uns, über Andenpässe von 4000 m Höhe nach Cuenca, im südlichen Andenhochland. Cuenca, Hauptort der Povinz Azuay mit ca.300'000 Einwohner, liegt auf 2535 m über Meer und ist eine der schönsten Städte Ecuadors, berühmt für ihre Kathedrale, die Häuser im Kolonialstil mit ihren Holzbalkonen und die Strassen mit Kopfsteinpflaster.
Die Anbindung der Stadt Cuenca an die Eisenbahn in Sibambe ist seit dem verheerenden Hochwasser von 1994 unterbrochen, damals wurde die Strecke weggespült und seither nicht mehr aufgebaut. Während langer Zeit stand die Baldwin Lok No. 14 und ein Autoferro am Bhf von Cuenca, abgeschnitten von der Aussenwelt.

Im Jahre 1995 gab es noch die beliebten sonntäglichen Dampfzüge vom Bahnhof Quito in den Natioalpark am Vulkan Cotopaxi und es herrschte jeweils Grossandrang, so dass oftmals 2 Dampfloks des Depots Quito eingeheizt werden und 2 Züge geführt werden mussten. Hier konnte man, für ein paar Sucres, ein richtiges Abenteuer erleben und am liebsten reisten die Leute auf den Dächern der Waggons.

Im März 1997 sehen wir den Ausflugzug zum Cotopaxi nochmals, diesmal von einer der französischen Dieselloks geführt, welche im Depot von Quito eingeteilt ist, da offenbar keine Dampflok mehr einsatzfähig ist.

Der Trole von Quito

Als grosser Fortschritt für den öffentlichen Verkehr in Quito wird die Inbetriebnahme des Trole gefeiert, auf eigener Trasse verkehren die modernen Elektro-Gelenkbusse vom Süden der Stadt bis an deren nördliches Ende am Flughafen. Da die Stromversorgung in Quito immer mal wieder ausfällt, sind die Fahrzeuge neben dem Elektro-Antrieb auch mit einem Dieselmotor versehen. Es gibt nur diese eine Linie und die alten, russenden Busse im Privatbesitz sind zumeist auf die Nebenlinien oder auf s Land verbannt worden. Verschrottet wurden sie nicht, sodass das Problem der Luftbelastung in Quito damit nicht entscheidend verbessert wurde.

Die Situation der Bahn im November 1999

Nachfragen im Bahnhof Quito, zwei Jahre nach den letzten Filmaufnahmen, im November 1999 ergeben folgendes Bild zur Lage der Bahn: Ende November 1999 ist der Bahnverkehr wegen fehlender Finanzmittel und Ersatzteilen weitgehend zum Erliegen gekommen. Auch einzelne der französischen Dieselloks, welche im Jahr 1993 geliefert worden waren, werden bereits als Ersatzteilspender ausgeschlachtet. Von den Dampfloks ist keine mehr betriebsfähig, das Personal in den Werkstätten und an den Bahnhöfen ist bis auf wenige Personen entlassen worden. Die noch verbliebenen Mitarbeiter hoffen auf eine rasche Privatisierung der Bahn. Angesichts der Wirtschaftskrise im Land ist alles derart unsicher, dass vor einer Reise Erkundigungen eingezogen werden müssen.

Der letzte Zugsverkehr, neben dem sonntäglichen Ausflugszug von Quito, welcher im Nov. 1999 noch übrig blieb, war ein Inselbetrieb zwischen Riobamba und Sibambe - mit einem Autoferro über die berühmte Teufelsnase - an 3 Tagen der Woche: mit Abfahrt 07.00 ab Riobamba am Sonntag, Mittwoch und Freitag sowie ein wöchentlicher »Mixto« von Quito nach Riobamba jeweils Samstags mit Abfahrt in Quito 08.00 und Rückfahrt am Sonntag. Der Touristenzug Quito-Cotopaxi-Quito, jeweils am Sonntag (Abfahrt 08.00 ab Quito) fährt vorerst noch und wird inzwischen von einer französischen Diesellok befördert.

Es gibt Informationen im Internet über letzte dampfgeführte Sonderfahrten von Duran nach Riobamba im Jahr 1996, 1998 und 2003 - auf Teilstrecken zwischen Huigra, Alausi und Riobamba. Auch zwischen Guamote und Riobamba fuhr im Oktober 2006 noch ein Sonderzug. Inzwischen sind aber solche Reisen kaum mehr möglich - die Strecke ist vielfach von Erdrutschen unterbrochen und generell in einem sehr schlechten Zustand.
Auch die Küstenebene von Duran nach Bucay soll nicht mehr durchgehend befahrbar sein: Der Bürgermeister von Milagro hat beschlossen, die Schienen herauszureissen, welche durch die Stadt führten, dies mit dem Argument, sie würden den Verkehr behindern.